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Dinge besser machen (3)

Rudolph Zeinhofer hat auf seinem Blog kürzlich die Ergebnisse einer Analyse der Websites von Druckereien in Deutschland und Österreich präsentiert. 

Dieser dankenswert offene Beitrag hat mich inspiriert, den betroffenen Unternehmen einen Weg aus der Agonie aufzuzeigen. Ich möchte das gerne in Form einer "Anleitung zur Selbsthilfe" tun. Dazu stelle ich einige Punkte in den Raum, die jeder Anbieter einer geschäftlich orientierten Homepage einmal abarbeiten sollte:

1. Kundensicht einnehmen

Bevor Sie irgendetwas tun, versetzen Sie sich in die Lage eines jener Menschen, die Sie hoffentlich aus dem Alltag gut kennen: ihrer Lieblingskunden. Nehmen Sie seine Rolle ein. So gut es geht. 

2. Rufen Sie die Startseite Ihres Webauftritts auf

Was sehen Sie? Was nehmen Sie wahr?

Wenn Sie eine klassische "Druckereiseite" anbieten, werden Sie vermutlich etwas anschauen, was Sie direkt überfordert: zuviele unwichtige Infos, zu bunt, zuviel Technik. Ist das so? Überprüfen Sie es: werden Sie als Kunde begrüßt und eingeladen, den Charakter des Unternehmens kennenzulernen? Kommen Sie schnell an die wichtigen Punkte: Ansprechpartner, Anfrageinfos, Kontaktdaten?

3. Lust auf mehr

Wenn Sie auf der Startseite freundlich begrüsst werden, wenn Sie nicht direkt mit Informationen in endloser Fülle zugedröhnt werden – dann suchen Sie bald nach einer Navigation. Läuft es gut, trägt sie nicht die Bezeichnungen "Über uns", "Ausstattung", "Auftrag! JETZT! HIER! PLATZIEREN", sondern holt Sie – den potentiellen Auftraggeber – geschickt bei seinen Bedürfnissen ab. 

4. Lösungsorientierung

Der Besucher will frühestens in zweiter Linie wissen, wie Sie seinen Auftrag bearbeiten. Eher aber in dritter Linie. Oder sogar gar nicht. Ja, wirklich. In allererster Linie will er wissen, ob Sie der "Richtige" sind. Und das sind Sie nur, wenn Sie seine Probleme kennen, ihm zeigen, dass das so ist – und mit passenden Lösungen um die Ecke kommen.

Übrigens will auch der Bestandskunde gerne und immer wieder bestätigt werden: "ja, da bin ich richtig!" Auch er will also stets mit einem guten Gefühl auf Ihrem Auftritt wandeln und nur dezent mit "News" konfrontiert werden. Warum also kommen Kunden zu Ihnen?

5. Problemlösung statt Schwermetall

Sie dürfen darüber sprechen, dass Sie unter widrigsten Bedingungen in der Lage sind, auch komplexe Aufträge zu fertigen. Zeigen Sie es. Ein Produkt. Sprechen Sie darüber, was Sie bekommen haben. Welche Beratungsleistung Sie auf dem Weg zu seiner Produktion erbracht haben. Begleiten Sie es auf dem Weg durch Ihr Unternehmen. Erläutern Sie, welche Entscheidungen zu treffen waren. Machen Sie Ihre Arbeit plastisch erlebbar! Warum gibt es beispielsweise eine Druckabnahme? Wenn Sie an dieser Stelle über den therapeutischen Wert der Druckabnahme nachdenken, sind Sie auf dem richtigen Weg …

Sie dürfen nicht darüber sprechen, dass Sie gerade 50.000 € für das Workflow-System in der Vorstufe ausgegeben haben. Auch nicht über die Offsetmaschine, die "alles von selbst" macht. Und auch nicht über den schicken Klebebinder. Sagen Sie dem Kunden, dass er – wenn es sein muss (er wird diese freundliche Umschreibung für "wenn du es bezahlen kannst" verstehen) – eine 80-seitige Broschüre innerhalb von 48 Stunden bekommen kann. 

6. Personen sind kompetent – nicht Maschinen!

Häufig wird der Fehler gemacht, dass die Qualität von Maschinen herausgestellt wird. Doch nicht die Maschinen entscheiden – sondern die Qualität der Menschen, die sie bedienen. Das weiß der Kunde. Er hat es erlebt. Mehrfach. In allen erdenklichen Konstellationen. Von "historische Maschine, aber wirklich guter Bediener" bis hin zu "modernstes Material, leider eine Pfeife am Leitstand". Und jetzt raten Sie mal, wen der Kunde bevorzugt beauftragt, wenn es ihm wichtig ist. Ist es das nicht immer? Ups!

Ich fordere Sie an dieser Stelle zu einem bewussten Blick in den Spiegel auf: an wen wenden Sie sich, wenn die Luft dünn wird? An wen wendet sich Ihr Kunde?

7. Gesicht zeigen – und wahren

Was ist Ihr gewichtigstes Argument gegen Online-Druckereien? Ihre Beratung. Zeigen Sie das! Nicht in Form von kleinen, kaum erkennbaren Pixelbriefmarken Ihrer Mitarbeiter, die 13 Jahre alt sind. Lassen Sie anständige Bilder machen (kostet Geld!), zeigen Sie die Schlüsselpositionen in ihrem Arbeitskontext. Lassen Sie sie "sprechen". Stellen Sie Charaktere den anonymen Bestellformularen gegenüber. Bauen Sie Spannung auf!

Wie fühlt sich das an? Offen. Kompetent. Ansprechbar. So wollen Sie wirken. Merke: niemals darüber sprechen! Wenn auf Ihrer Website irgendwo der Begriff "Kompetenz" zu finden ist, taugt der gesamte Auftritt mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nichts. Vermutlich steht da auch noch was von "innovativ". Dann wird es ganz schlimm.

Also: Kompetenz zeigen Sie über Ihre Arbeit, über Ihren berechtigten Stolz auf das Geleistete. Wenn Sie dieses Bild nicht wahren können, wenn sich das für Sie unangenehm anfühlt – dann haben Sie ein strukturelles Problem im Unternehmen und müssen dringend an Ihrem Reklamationshandling arbeiten. Offene Kommunikation ist bidirektional! Sie fordern das ein, wenn Sie selbst irgendwo als Kunde auftreten. Bieten Sie es auch selbst?

8. Angst?

Wenn Sie sich davor fürchten, die skizzierte Offenheit nach außen zu tragen, haben Sie die Zeichen der Zeit nicht verstanden und werden vom Markt verschwinden.

Warum das so ist? Weil die nachwachsende Generation von Kunden Ihres Unternehmens sich in einem sozialen Umfeld bewegt, in dem eine Transparenz herrscht, die noch vor wenigen Jahren vollkommen undenkbar war: einerseits, weil es die technischen Möglichkeiten nicht gab. Andererseits, weil "Privatsphäre" – bezogen auf Personen und Unternehmen! – komplett anders gedeutet und verstanden wird, als Sie das vermutlich in Ihrer Sozialisierung selbst erlebt haben.

Machen Sie sich klar: diese Generation erwartet vollkommene Offenheit in der geschäftlichen Kommunikation. Wenn Sie in der Vergangenheit Mist gebaut haben, wird darüber irgendwo Austausch stattgefunden haben. Der "neue" Kunde analysiert in drastischer Klarheit die Stärken unterschiedlicher Anbieter und kombiniert die jeweils bestgeeigneten modular. Er findet seine Infos. Und wenn er Sie und Ihr Unternehmen dabei nicht findet, existieren Sie nicht.

Wenn Sie das nicht glauben oder sich nicht vorstellen können haben Sie bereits jetzt ein gigantisches Problem, das Sie dringend anpacken müssen. 

9. Sauber und aufgeräumt

Ordnung und Reinheit sollten sowohl in Ihren Gedanken zur Zukunft des Unternehmens als auch in der Produktion gelebte Tugenden sein. Wenn Sie da Lücken haben: lassen Sie sich helfen.

Sie können nicht in allem gut sein. Das zum Wohle des Unternehmens und seiner Abhängigen zu erkennen und entsprechend punktuell Hilfe in Anspruch zu nehmen ist weder ehrenrührig noch teuer. Es ist überlebensnotwendig und zeigt, dass Sie in der Lage sind, selbstreflektierend ein Unternehmen zu führen. Teuer ist es schon deshalb nicht, weil es Sie selbst effektiver und erfolgreicher macht. Und Ihre eigene Motivation erhöht, mal ganz nebenbei erwähnt. 

10. Handeln!

Last but not least: Stillstand ist der Tod. Ganz einfach. Heute mehr denn je. Wenn Sie nichts tun, machen Sie es konsequent und schließen Sie das Unternehmen in Würde. Sonst wird der Markt das auf hässliche Art und Weise erledigen.