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Druckvorstufe Schlechtgemacht Software

Schöne neue Welt.

Apple, Adobe und Microsoft erheben ihren Informationsdurst über den Nutzen der zahlenden Kunden. Das ist kein tragfähiges Geschäftsmodell.

Wenn man das Vergnügen hat, für die Funktion und Ausstattung aller Rechner in einer nicht ganz kleinen Produktionsagentur in Frankfurt verantwortlich zu sein, erlebt man heutzutage eine Reihe von Dingen, die ich nur noch begrenzt witzig finde.

Man kann die Erlebnisse grob in folgende Kategorien einteilen:

  • Hardware
  • Softwareinstallation
  • Softwareaktivierung
  • Datenschutz & Selbstbestimmung

1. Hardware

Hardware bedeutet in unserem Fall: Macs aus verschiedenen Generationen, die mit unterschiedlichen Mac-Servern reden. Auffällig dabei ist, dass Apple mittlerweile davon ausgeht, dass jeder Mac-User freudig, zeitnah und immer auf das kostenfreie aktuelle Betriebssystem upgradet. Das führt bei älteren Rechnern dazu, dass ungefragt (!) Firmware-Aktualisierungen eingespielt werden, die anschließend verhindern, dass diese Rechner – per originalem Installationsdatenträger – wieder auf (s)ein altes Originalsystem zurückgesetzt werden können. Versucht man das, wird der Installationsvorgang unterbunden mit der lapidaren Meldung, dass der Installer auf dem Gerät nicht genutzt werden kann.

2. Softwareinstallation

Da wir im Kundenauftrag auch mit älterer Software Daten aufbereiten müssen, schneidet Apple einfach selbstherrlich unsere Arbeits- und Lieferfähigkeit ab, indem sich ältere Software nicht mehr nutzen lässt – denn dafür wären ältere Versionen von MacOSX Voraussetzung. Und wieder stellt sich mir die Frage: Was nutzen mir jährliche Updates von MacOSX, Apple?!

Spannender ist allerdings, dass mittlerweile sämtliche von uns genutzten Kernprogramme darauf bestehen, den vor dem Rechner sitzenden Benutzer namentlich zu kennen. Und dieser Ansatz wird mit jeder fortlaufenden Programmversion immer aggressiver und penetranter verfolgt. Nur leider verträgt sich das nicht mit dem Geschäftsmodell unseres Unternehmens – denn wir setzen unsere Mitarbeiter flexibel an unterschiedlichen Standorten ein. Nur in wenigen Fällen gibt es eine klare, immer gleiche Zuordnung von Rechner und Benutzer; die meisten Kollegen „springen“.

Es fällt Apple, Adobe und Microsoft immer schwerer, uns als kräftig zahlendem Kunden diese Art der Arbeit zu ermöglichen. Im letzten Jahrtausend wirkte die Abfrage von Benutzerdaten noch äußerst hölzern und wurde mit irgendwelchen, für den Anwender zutiefst wertlosen, „Registrierungen“ begründet. Heute verzichtet Apple nur zähneknirschend auf die Angabe einer AppleID bei der Rechnereinrichtung und weigert sich hartnäckig, etwas anderes als ein topaktuelles Betriebssystem auf die Platte zu bannen (egal, ob das zu unserer Software passt und womit der Rechner geliefert wurde). Microsoft lässt den Onlinebezug (!) des bereits gezahlten (!) Office-Installers nur zu, wenn eine MicrosoftID angelegt wird. Und Adobe ist mindestens ebenso penetrant wie Apple mit der Absicht, jeden Benutzer der CreativeCloud namentlich per kontinuierlich online „überprüfter“ AdobeID zu kennen.

3. Softwareaktivierung

Offenkundig verfolgen mittlerweile alle drei genannten Anbieter eine Strategie, bei der eine Online-Aktivierung erfolgen muss. Im Falle von Microsoft und Adobe kennt man das schon, doch auch Apple tut es nun offenbar.

Denn was anderes als eine Aktivierung ist es, wenn Apple im Rahmen einer Rechnerinstallation vorgibt, dass nur bestimmte Systeme auf einer Platte landen dürfen – und diese Systeme auch nur Online bezogen werden können?

Wer es ausprobieren möchte: Einfach mal in der „Einkaufsliste“ des AppStore nachschauen, ob man alle während der Nutzung des Macs aufgelaufenen Versionen von MacOSX zur Installation angeboten bekommt (geht natürlich nur mit hinterlegter AppleID…) Günstigstenfalls lässt sich auf älteren Rechnern per Online-Notinstallation (Booten mit CMD-R bei vorhandener Onlineanbindung) ein MacOSX.7 auf den Rechner bekommen. Gekniffen ist, wer auf einem bei Apple „unbekannten“ Rechner ein bestimmtes System installieren will, das nicht das aktuell ausgelieferte ist. Und mitunter ist die beschriebene Notinstallation der einzige Weg, um überhaupt wieder ein System auf die Platte zu bekommen, nachdem der Rechner komplett gebügelt wurde – hier wäre ohne Onlineanbindung Kernschrott erzeugt worden.

Sowohl Adobe als auch Microsoft (und das auch beim alten Office 2011!) bestehen darauf, dem Käufer für seine bezahlte Lizenz erst dann einen Installer zu liefern, wenn sie eine Person dazu kennen.

Dabei glänzt Adobe durch ein enervierend unzuverlässigen Erstanmeldeprozess, der offenbar nicht mit Safari getestet wird und der in etwa der Hälfte der Fälle erfordert, die Lizenz immer wieder neu zuzuweisen und/oder Passworte zurückzusetzen bis es endlich funktioniert.

Adobe brachte das Kunststück fertig, mich an einem Rechner, der komplett neu aufgesetzt worden war – Platte per Sicherheitsformatierung geputzt; neues System; andere AdobeID mit anderer TeamCloud-Verwaltung als zuvor – namentlich als den Benutzer der alten AdobeID unter alter TeamCloud-Verwaltung zu begrüßen. Daraus kann ich nur einen Schluss ziehen: Adobe legt eine Hardware-ID an. Ob das irgendwo in den Tiefen der AGB erklärt wird? Selbst wenn: Ist das überhaupt rechtens?

Microsoft bringt es ebenfalls fertig, dass in der Hälfte der Fälle die Online-Aktivierung „scheitert“ und man auf die telefonische Aktivierung verwiesen wird. Am Telefon darf man sich dann lustige Fragen anhören – bis der Microsoft-Mitarbeiter gnädigerweise den „Aktivierungszähler“ frisiert und danach – wie von Zauberhand – die Online-Aktivierung wieder funktioniert. Leider geht das nur während der Geschäftszeiten. Es lohnt sich also nicht, nach 17 Uhr die endlosen Zahlenreihen für die Produktidentifizierung ins Telefon zu kleppern – denn erst danach kommt die Meldung, dass man jetzt keinen Mitarbeiter mehr erreichen könne …

Auch bei Microsoft wird offenkundig eine Hardware-ID erzeugt. Denn in mindestens einem Fall war nachvollziehbar, dass sich an der Gesamtkonstellation NICHTS geändert hat; außer, dass die gesamte Installation von einer konventionellen HD auf eine SSD umgezogen wurde: „Bitte geben Sie den Product Key für diese Software an.“

Mal ganz im Ernst, Microsoft: Geht’s noch?

4. Datenschutz & Selbstbestimmung

Meine Erlebnisse bei diesen Installationen legen eigentlich dringend nahe, dass ich etwas testen müsste, wozu ich bislang keine Nerven hatte:

Ist es im Jahre 2016 überhaupt noch möglich, aktuelle Software auf den Rechner zu bekommen OHNE dass man eine dicke Online-Anbindung hat und den Softwarelieferanten quasi uneingeschränkten, undokumentierten Zugriff auf den eigenen Rechner gewährt?

So interessant es für Apple, Adobe und Microsoft auch sein mag, den jeweiligen Benutzer über sein Arbeits- und Onlineverhalten millisekundengenau auszuspähen; bei den kostenlosen Diensten von Google und Konsorten bin ich vielleicht gewillt, derartige Praktiken zu dulden – bei bezahlter Software, die darüber auch noch meinen Nutzen massiv einschränkt hingegen kann ich derartige Vorgänge nicht hinnehmen.

Insbesondere Adobe, die als kommerzieller Clickraten-Zähler-Anbieter auch außerhalb des eigenen Software-Businesses unterwegs sind um das Surf-, Arbeits- und Konsumverhalten nicht nur der eigenen zahlenden Nutzer auszuspähen, bewegt sich hier meines Erachtens rechtlich auf äußerst dünnem Eis.

Fakt ist: In unserem Unternehmen regen sich die ersten Anwender, die von der IT Garantien haben wollen, dass ihr Verhalten vor dem Rechner nicht außerhalb des Unternehmens ausgewertet wird – und sie haben Recht.

Passt auf, was ihr tut, Apple, Adobe und Microsoft.
Ihr geht uns gewaltig auf die Nerven.