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Creative Cloud im Praxis-Check

Viele Bestandskunden von Adobe haben bisher nur wenige Gründe gefunden, auf die Creative Cloud „upzugraden“. Im Januar hat das Unternehmen nun einen neuen Versuch gestartet, gerade die bisher in kritischer Zurückhaltung verbleibenden Bestandskunden dazu zu bewegen, nun endlich in die Cloud zu wechseln – mit einem pressewirksam angekündigten tiefgreifenden Upgrade der „Print“-Applikationen Photoshop, Illustrator und InDesign. Lohnt sich also endlich der Umstieg?

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Dieser Artikel ist in der Print-Ausgabe des österreichischen 4C-Magazins erschienen

Viele Bestandskunden von Adobe haben bisher nur wenige Gründe gefunden, auf die Creative Cloud „upzugraden“. Im Januar hat das Unternehmen nun einen neuen Versuch gestartet, gerade die bisher in kritischer Zurückhaltung verbleibenden Bestandskunden dazu zu bewegen, nun endlich in die Cloud zu wechseln – mit einem pressewirksam angekündigten tiefgreifenden Upgrade der „Print“-Applikationen Photoshop, Illustrator und InDesign. Lohnt sich also endlich der Umstieg?

Aus der Sicht der Print-Bestandskunden von Adobe gab es bisher kaum einen Anreiz, in das Cloud-Modell zu wechseln. Und wer weiß, wie wichtig in diesem Umfeld stabile Workflows sind, wird sehr kritisch auf die sich stetig verkürzenden Upgrade-Intervalle reagieren, die Adobe seinen Kunden nun schon seit vielen Jahren aufzwingt. Und auch in dieser Runde hat sich, aus Sicht des Print-Anwenders, wenig getan, was das Aufsteigen in die Wolken mit Freuden rechtfertigt.

Im Alltag zeigt sich, dass die vielen kleinen Veränderungen an den Anwendungen gerade jenen Benutzern helfen, deren Arbeitsumfeld stets „moderner“ wird. Dies gilt, neben der Rechner-Hardware, insbesondere für die Aufgaben- bzw. Publikationsfelder, die ein Anwender zu bedienen hat. Aber leider wurde in den letzten Jahren weder das Farbmanagement-Handling verändert, sprich: vereinfacht, schlüssiger gemacht, noch sind für den klassischen Print-Bediener nennenswerte Funktionen ausgebaut oder verbessert worden, welche die Grundarbeiten deutlich verbessern. Ja, in einzelnen Teilbereichen gibt es Optimierungen – aber meist keine, die einen Wechsel in das grundverschiedene, eine hohe Abhängigkeit erzeugende, Abo-Modell von Adobe mit seinen massiven laufenden Kosten rechtfertigen würden. Eine genaue Prüfung des eigenen Bedarfs ist daher in jedem Einzelfall dringend angeraten. Und jeder Interessent kann, für einen Zeitraum von 30 Tagen – über die CC-Testversionen – diesen Test eigenständig durchführen.

Allerdings tun sich viele Bediener an Rechnern schwer damit, die administrativen Aufgaben, die der Creative-Cloud-Einsatz erfordert, zu übernehmen. Und Adobe scheint zu glauben, dass jeder Cloud-Teilnehmer gerne und freudig als Administrator seiner Rechnersoftware fungieren möchte. Das ist ein wenig praktikabler Ansatz; insbesondere wenn alle Prozess-Beteiligten wissen, wie heftig sich kleinste Abweichungen von einem definierten Workflow auswirken können. Dann wird eben kein InDesign-Update gefahren, es wird kein Illustrator installiert – obwohl die Cloud-Applikation ihn freudig anbietet – und weiter mit der alten Version gearbeitet. Es fällt auf, dass die Steuerungsmöglichkeiten des Softwarenutzers im Alltag mit der Creative Cloud gerade „gestandene“ Anwender in großen Firmenstrukturen viel stärker abschreckt als jene, die gar nicht wissen, was ihnen alles um die Ohren fliegen kann.

Als äußerst anstrengend hat sich im Praxiseinsatz erwiesen, dass Adobe jeden Benutzer an eine Mailadresse bindet – und die dazugehörige Aktivierung der Cloud-Software auch ständig prüft. Ist das aus Sicht eines Adobe-Kunden im produktiven Alltag ein gangbarer Weg? Häufig benutzen die Anwender wechselnde Arbeitsplätze, Rechner werden ausgetauscht oder die Anwender wechseln den Einsatzbereich. Das Ergebnis: Ständig muss geprüft werden, welcher Anwender mit „seiner“ Adobe-ID die korrekte Lizenz für die Erledigung seiner Arbeit hat oder braucht. Früher war die Software installiert und wurde genutzt; fertig. Heute steigt der administrative Aufwand, Adobe saugt offenkundig ständig Benutzungsinfos über das Internet – und jedes Update, an jedem Rechner, erfordert mal schnell pro Arbeitsplatz einen 1 GB umfassenden Download; je nach Anzahl der Arbeitsplätze kann das eine Online-Anbindung ganz schön fertigmachen. Wo hier die Verbesserung aus Sicht des Unternehmens liegt, hat Adobe bisher nicht schlüssig erklären können. Und wer das in einer klassischen Vorstufenumgebung administrieren soll, ist auch eher diffus.

Ändert das Januar-Update an diesen Problematiken irgendetwas? Nein. Es werden einzelne interessante neue Features geliefert, die aber nicht in jedem Nutzungsszenario sinnvoll angewendet werden können. Für den Print-Anwender wird auch hier einfach nur die alte Suppe beständig weitergekocht – am Preis ändert sich nichts. Hierbei ist insbesondere ärgerlich, dass Adobe weiter darauf setzt, dass Print-Anwender den vollen Umfang der Creative Cloud beziehen und zahlen sollen – obwohl sie nur einen Bruchteil der Anwendungen sinnvoll einsetzen können. Stellt man sich auf Adobe-Logik ein, könnte man InDesign, Photoshop und Illustrator auch als Einzel-Abos beziehen – und zahlt dann 3*24,59 Euro brutto im Monat. Acrobat ist leider nicht einzeln lieferbar. Deutlicher kann man einem treuen Kundenstamm wohl nicht zeigen, dass man kein Interesse mehr hat, ihn zu bedienen.

 

Im Alltag

Im Zentrum der Cloud-Applikationen befindet sich das Cloud-Verwaltungstool über das Adobe anstehende Updates signalisiert und der Download weiterer Applikationen aus dem Lieferumfang gestartet werden kann. Hier werden auch die Cloud-Schriften und die Ablage von Daten im Web verwaltet. Das Cloud-Symbol in der Menüleiste signalisiert, ob hier etwas für den Anwender zu tun ist und gewährt Zugriff auf die verschiedenen Cloud-Funktionen.

Ist eine CC-Anwendung auf dem Rechner installiert, prüft Adobe beim Anwendungsstart, ob die Lizenz gültig ist. Sprich; ob mehr als zwei Rechner mit der gleichen Aktivierung bei Adobe bekannt sind. Und das nicht nur im „Hausnetz“, sondern über das Internet. Scheitert diese Prüfung, kann die Software nicht verwendet werden.

An verschiedenen Standorten hat sich die Erreichbarkeit der Cloud-Server als weniger zuverlässig gezeigt, als zu wünschen wäre. Applikationsdownloads ziehen sich manchmal sehr lange; länger als die ohnehin massiven Downloadgrößen an sich schon erwarten lassen würden. Mitunter scheitern sie ganz und lassen sich erst Stunden später ohne Downloadfehler installieren.

War auf dem Rechner bereits eine CS6 installiert, mault die Cloud-Applikation gerne, dass sie die Bestandteile der CS6 aktualisieren möchte; scheitert daran aber kläglich. Die anschließenden Fehlermeldungen sind für einen Normalanwender nicht hilfreich. Adobe empfiehlt meist, man solle die alten Anwendungen deinstallieren und die Cloud-CS6 installieren. Das können nämlich auch Kunden tun, die vorher noch keine CS6 besaßen. Warum das Cloud-Tool sich aber eine vorhandene CS6 krallt und glaubt, sie „aktualisieren“ zu müssen, weiß vermutlich nur Adobe.

Die groß angekündigten Januar-Updates der CC-Anwendungen reduzieren sich für Print-Anwender auf wenige Punkte, die einen Blick wert sind:

Photoshop:

Hier kommen einige Montage- und 3D-Optionen hinzu. Wer wenig oder gar nicht in Photoshop arbeitet, wird davon nichts merken.

Illustrator:

Endlich, endlich, endlich brauchbare Tools zum Bearbeiten abgerundeter Ecken. Während sie nach vielen Jahren gerade wieder unmodern werden, hat Adobe einen Weg gefunden, der weder dem InDesign-Ansatz entspricht noch über die Maßen intuitiv zu bedienen ist – aber es funktioniert. Dass Photoshop nun AI-Files als Smartobjects plazieren kann ist nett; doch leider versetzen die AI-Objekte auf Photoshop-Ebenen gerne grundlos und vollautomatisch. Alltagswert: fraglich.

InDesign:

Eine lange überfällige Modernisierung der Farbmanagement-Bedienung oder eine durchgehende, wirklich alle Möglichkeiten abdeckende und bedienbare Tabellenformatierung fehlen weiterhin. Dafür kamen im ePub-Bereich einige nützliche Funktionen dazu. Wer allerdings DRM-freie ePubs erzeugen möchte, muss weiterhin einen Bogen im InDesign machen.

Die Erreichbarkeit der Adobe-Server für Updates und Online-Hilfe könnte besser sein.
Die Erreichbarkeit der Adobe-Server für Updates und Online-Hilfe könnte besser sein.