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Die Freigabe-PDF

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Die Freigabe-PDF gleicht ein wenig dem Efeu. Viele wissen nicht, wie sorgsam man beide hüten und eindämmen muss, damit sie kein Eigenleben entwickeln – bis hin zur völligen Überwucherung dessen, was sie eigentlich zieren sollten.

Das Negativbeispiel – Ausdruck-Scan-Korrektur
So bitte nicht!

Der Ablauf ist stets der gleiche; in kundiger Hand wird die Freigabe-PDF liebevoll erzeugt. Der Erzeuger achtet darauf, dass sie möglichst nichts enthält, was den Empfänger verwirrt. Nichts zeigt, was im Endprodukt nicht auch zu sehen sein wird. Wichtige Stellen, an denen mechanisch etwas mit dem Produkt passiert, werden zurückhaltend kenntlich gemacht und mit dezenten Hinweisen versehen, warum die Markierung hinterlegt wurde.

Doch dann nimmt das Schicksal seinen Lauf … der DTPler übergibt seine PDF, sorgsam aufbereitet … die Seitenpalette des Readers soll sich, wie von Geisterhand, automatisch öffnen, die Ansicht ins Fenster eingepasst werden … in eine E-Mail. Er schreibt seinen, wahrscheinlich viel zu langen, Begleittext dazu – möchte aber nicht labern; hach, welch’ schicksalshafte Verkürzungen hier greifen müssen! Und drückt schließlich den „Senden“-Button im Mailprogramm.

Und nun? Einerseits: endlich Ruhe. Das Ding ist raus! Stunden, Tage, Wochen der konzentrierten Arbeit haben endlich einen Schlusspunkt gefunden. Aber; vielleicht lieber nochmal über das Dokument schauen. Ja, es ist raus. Aber; einmal noch … habe ich wirklich alles kontrolliert? Waren da nicht noch RGB-Bilder unbekannter Quelle drin? Sind alle Farbdefinitionen in den Illustrationen identisch? Nur noch mal schnell schauen …

Dann, wenn die PDF die Weiten der IP-Knoten hinter sich gelassen hat, bekommt man es mit zwei verschiedenen Kundentypen zu tun:

1. Der Oberflächliche

Er bekommt die Mail, öffnet die PDF, schaut auf die Punkte, die gerade wichtig sind – ist dabei frei von Ahnung, dass sich an allen möglichen und unmöglichen Stellen des Dokuments Dinge ändern können, sobald wieder korrigiert wird – und erteilt innerhalb weniger Augenblicke seine Freigabe. Denn; auch er will das Ding von der Backe haben. Der Dienstleister wird schon ordentlich gearbeitet haben. Und wenn nicht; dann zahlen wir eben nicht! Die Begleitmail des DTPlers wird nur auf Warnworte hin untersucht – aber nicht in Ruhe gelesen. Hinweise verhallen ungehört … man telefoniert ja ohnehin und fragt nach!

2. Der Gründliche

Er bekommt die Mail, druckt sie aus. Öffnet die PDF; druckt sie aus. Egal, wie viele Seiten sie hat … dann wird sich sortiert, hingesetzt und gegen die eigenen Unterlagen geprüft. Was dabei schon alles auffällt! Jegliche Irritation wird auf den Ausdrucken markiert, festgehalten, korrigiert. Je nach Vorbildung und Gemüt feurig-intuitiv oder konsequent dudenkorrekt. Auf der letzten Seite werden Textmarker und Stift abgesetzt, der letzte Schluck Kaffee oder Tee mit Stolz getrunken und der ausgedruckte Stapel mit einem „So!“ aufgestoßen. Ab an den Scanner – denn wir müssen ja wieder ein PDF zurückliefern …

Beide Kundentypen stellen sehr unterschiedliche Herausforderungen für den DTPler dar:

Typus 1 ist mehr als irritierend, weil sehr schnell klar wird, dass die PDF nicht wirklich gründlich kontrolliert wurde. Wenn der Kunde kein ungutes Gefühl entwickelt, dann tut es nun der DTPler umso mehr …

Typus 2 ist anstrengend, weil er in den meisten Fällen keine kommentierte PDF zurückliefert, sondern etwas, was der DTPler schlimmstenfalls selbst wieder ausdrucken und mit Apothekergeschick entziffern muss. Sehr deutlich formuliert ist diese Form der Rückmeldung von Korrekturen eine der schrecklichsten Fehlerquellen überhaupt, weil sämtliche Folgeschritte wieder manuell erfolgen müssen – wo eine kommentierte PDF doch eine schöne Basis für ein sicheres Copy & Paste geliefert hätte …

Was können Sie tun?

  1. Zuallererst: Seien Sie weder Typ 1 noch Typ 2! Wenn Sie eine PDF zur Prüfung bekommen, ist es für alle Beteiligten hilfreich, dass Sie die zu korrigierenden Elemente direkt in der PDF markieren und mit Kommentaren versehen. Adobe Acrobat kann da feine Dinge tun – und es ist die beste gemeinsame Basis, die Sie mit der Agentur nutzen sollten.
  2. Nehmen Sie sich Zeit! Prüfen Sie die Gesamtheit der PDF – DTP ist eine komplexe Tätigkeit. Seien Sie sich bewusst, dass durch eine Unachtsamkeit in der Agentur Dinge verschwinden oder erscheinen können, die Sie schon einige Zeit nicht mehr auf dem Schirm haben. Das ist keine böse Absicht, sondern kann sogar Ausdruck einer besonders intensiven Arbeit mit Ihrem Dokument sein; kurz: Bringen Sie der Arbeit der Agentur Respekt entgegen und vertagen Sie die Kommunikation über Unklarheiten nicht auf den Reklamationsfall.
  3. Bedenken Sie, dass der DTPler einen beschleunigten Puls bekommt, wenn er beim Öffnen Ihrer Korrektur-PDF sieht, dass Sie 300+ Korrekturen hinterlegt haben. Beschäftigen Sie sich damit, wie eine Markierung mit zugehörigem Kommentar nur als einzelner Eintrag angezeigt wird – fügen Sie also bitte keine „Extrakommentare“ hinzu, die wieder mühsam zugeordnet werden müssen.
  4. Achten Sie darauf, dass in der PDF, die Sie an die Agentur zurückliefern, keine widersprüchlichen Kommentare hinterlegt wurden. Das kann insbesondere dann geschehen, wenn die PDF durch mehrere Hände geht und die Kommentare nicht mehr abschließend geprüft und redigiert werden.

Wenn Sie das so machen, oder es zumindest versuchen, dann klappt das auch mit den Korrekturen. Sie werden es sehen!