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Wird Apple mich im Herbst 2013 als Kunden verlieren?

Die Apple Computer Inc. ist redlich bemüht, mich als professionellen Anwender ihrer Systeme zu vergraulen. Ob ihr das gelingt, wird sich im Laufe des kommenden Jahres entscheiden.

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Apple – quo vadis?

Wie ich zu Apple kam

Die Computer von Apple haben mich stets sehr fasziniert. Meine Apple-Geschichte begann, indirekt, mit dem Apple ][, den ich in den 80er Jahren über die sporadische Lektüre des BYTE-Magazins kennenlernte. Während ich selbst mit einem sehr gut ausgestatteten C64 spielen durfte, war doch über die Lektüre von BYTE klar erkennbar, welche unglaublichen Dinge man mit dieser wahren Profi-Maschine von Apple erledigen konnte. Nur; so ein Gerät kostete locker nochmals das Doppelte des ohnehin unglaublich teuren 64ers. Unerreichbar.

Apple wurde erstmals für mich „greifbar“ – in dem Sinne, dass meine Finger einen Rechner berühren konnten – als der Macintosh vorgestellt wurde. Details dazu finden Sie in meinem Beitrag über die Steve Jobs Biographie. Doch auch der Mac löste das Problem der Erreichbarkeit nicht – 10.000 Mark waren nochmals gut doppelt so viel wie für den Apple ][.

Meine eigene Apple-Geschichte beginnt dann im Jahr 1988, als ich, Schülerpraktikant in einer Frankfurter Werbeagentur, erstmals an einem Würfelmac eine Präsentation für Kraft Käsesauce bauen durfte. In der gleichen Agentur bekamen die Texter sogar mit Farbmonitoren ausgestattete Macintosh II-Rechner. Welch’ Vergeudung …

Im Jahr 1994 schließlich prüfte ich, ob ich mein Studium abbreche um in der Druckbranche zu arbeiten. In jenem Jahr brachte Apple die PowerPC-Macs heraus, die wesentlich leistungsfähiger und besser zu bedienen waren als vergleichbare Windows-Rechner. Und mit dem Auftreten des FDIV-Bugs hatte ich endgültig keine Lust mehr auf Intel.

Ich wollte dringend einen Mac haben. Aber erst im Jahr 1996 war es soweit; ein PowerMac 8500 zog bei mir ein. Anschließend war ich finanziell arm – aber; ich hatte den zweitschnellsten Apple-Rechner auf dem Markt. Und er konnte Video digitalisieren – eine Möglichkeit, von der ich reichlich Gebrauch machte. Man konnte die CPU tauschen. Man konnte neben der internen eine leistungsfähige Grafikkarte einbauen. Man konnte unendliche Mengen RAM auf’s Board stecken. Ich kaufte diverse SyQuest-Laufwerke und sonstigen Plunder wie schnelle SCSI-Karten, CD-Brenner und USB-PCI-Karten.

Erst mit der Ankündigung der AGP-G4-Rechner lohnte sich der Systemwechsel wieder – 1999 lauschte ich der Ankündigung, dass diese Rechner kommen – und orderte unmittelbar einen Dual-G4 mit 450 MHz. Wenige Tage später musste Apple seine forsche Ankündigung zurückziehen und „downgradete“ die Rechner um jeweils 50 MHz. Ich bestand auf mein 450er-Modell – und bekam es glücklicherweise auch. Wieder hatte ich eine eindrucksvoll leistungsfähige Maschine unter dem Tisch stehen. Die Intel-Jünger trabten mit ihren Windows-95-Rechnern zwar munter auf die Gigahertz-Taktratengrenze zu – dennoch waren ihre Systeme im Alltagsbetrieb deutlich langsamer, sprich: weniger produktiv.

Mich ärgerte, dass IBM den PowerPC nicht als Desktop-Prozessor ausentwickelte – Apple hatte hier auf das falsche Pferd gesetzt. Ich lenkte mich durch den Kauf eines TiBooks ab. Dieses Gerät wiederum war seiner Zeit um Äonen voraus – und deutlich leistungsfähiger als alles, was in der mobilen Intel-Welt zu kaufen war – ein wahrhaft mobiler Computer, der als Desktop-Ersatz dienen konnte. Centrino war noch in weiter Ferne. Wenig später stellte Apple seine ersten Rackmount-Server vor: die XServe-Geräte. Und als dann die G5-Prozessoren kamen, wartete ich auf ein professionelles Board dazu – die ersten G5-Rechner hatten noch zuviel „Altes“ unter der Haube. Mit dem G5 „Quad“ – inklusive PCIexpress-Steckplätzen – fühlte ich mich wieder zukunftssicher.

Kurze Zeit später zog Apple die IBM-Reißleine und stellte alle Rechner auf Intel-Prozessoren um. So wenig ich diese Entscheidung leiden konnte – sie bestärkte mich aber wieder darin, dass Apple stets versucht, abseits der ausgetretenen Pfade optimale, aktuelle, leistungsfähige Technik zu liefern. Knurrend verkaufte ich meinen G5 auf eBay und stellte mir nun erstmals keinen klobigen Desktop mehr hin – fortan würde ich rein mobil arbeiten.

Auch das war nicht weiter schlimm oder schwierig; die Rechner bauten auf blitzendfrische Intel-Technik auf – und konnten endlich, wunderbarerweise, auch ohne nervige Verzögerungen Windows-Software nutzen. Wieder fühlte ich mich aktuell, flott und technisch gut versorgt. Freudig nahm ich zur Kenntnis, dass immer mehr Vorstufenunternehmen Intel-basierte XServes nutzten um damit interessante Applikationen bereitzustellen. Darunter waren viele Dinge von denen ich mittlerweile wusste, wie schwierig (= TEUER) sie auf Basis von Windows-Servern umzusetzen waren. Wenn überhaupt.

Doch dann geschah es

Im November 2010 sah ich in einer Randnotiz, dass Apple seine Reseller aufgefordert hätte, die letzte Bestellrunde bei den XServes aufzunehmen. Ich war direkt irritiert. Apple ist noch nie für seine professionelle Informationspolitik berühmt gewesen – aber üblicherweise bekamen Reseller für das Großkundengeschäft über ihre Bestellsysteme signalisiert, dass demnächst ein Generationswechsel im Hardwarebereich ansteht. Doch diese Meldung war anders – Apple wollte die XServes abkündigen. Schluss. Ende.

Das war der Zeitpunkt, an dem ich begonnen habe, äußerst kritisch zu beobachten, was Apple für den professionellen Anwender tut. Heute muss ich feststellen: leider nichts. Nicht mehr.

Rückblickend muss ich feststellen, dass Apple im Jahr 2010 augenscheinlich beschlossen hat, sein Kerngeschäft künftig anders zu definieren als zuvor. Bereits im Jahr 2007 war „Computer“ aus dem Unternehmensnamen entfernt worden. Doch bis 2010 war Apple ein Unternehmen, das seine Rechner primär an den anspruchsvollsten Usern ausgerichtet hatte. War so ein Gerät fertig, wurden Funktionen soweit reduziert, bis auch für „Einsteiger“ ein Gerät für deutlich weniger Geld angeboten werden konnte – ohne das Gefühl zu haben, ein umgelabeltes Schrottprodukt zu kaufen. Dieses Handling änderte sich im Laufe der Zeit aber in allen Produktlinien.

Fortan lag der Schwerpunkt von Apples Entwicklungen darauf, sehr schicke Geräte zu entwickeln, die aber nicht mehr bemüht waren, jeweils den technischen Rahm abzuschöpfen; sondern sie sollten eine perfekte Symbiose aus Form, Technik und Funktion zu bieten; wobei der Fokus deutlich auf die Form gesetzt wurde.

In der Folgezeit wurden Akkus fest in Laptops eingebaut, hatten auf einmal die Rechner spiegelnde Glasscheiben vor dem Display, wurde aus FinalCut Studio ein Spielzeug. Design vor Nutzen. Schlimmer: echtes Wegwerf-Design; teuer kaufen – und nach kurzer Nutzungszeit wegen fehlender Aufrüstungsmöglichkeiten wegwerfen. Ja, weiterhin war und ist es möglich, einen „Basisrechner“ im Applestore zu einer Höllenmaschine auszubauen. Doch den Preis, den man dafür bezahlen muss, ist auf mehreren Ebenen nicht mehr angemessen.

Und das führt mich direkt zum „Problembär“-Rechner bei Apple: dem MacPro.

Und der MacPro ist ein Riesenproblem für Apple. Denn er ist der letzte, nach der alten „Power is king“-Maxime entwickelte Rechner. Als Apple den XServe einstellte, bekamen motzende Kunden gesagt, sie sollten halt MacPros nutzen. Wie das in einem Rechenzentrum klappen soll, hat Apple diesen Kunden leider nicht erklärt.

Seit einigen Jahren wird der MacPro nur noch halbherzig fit gemacht. Spätestens seit dem Sommer ist auch dem letzten professionellen Apple-Anwender klar, dass Apple keine Lust hat, ihn abermals wirklich frisch zu machen. Vergangenen Sommer zog erstmals ein wahrnehmbares Unwetter auf, das sogar Tim Cook dazu bewegte, eilfertig – und das in meinem Erleben erstmals in der Firmengeschichte – zu beteuern, dass im Jahr 2013 ein neuer „really great“ MacPro kommen wird. Fascinating, unbelievable, awesome.

Der MacPro ist deswegen ein Riesenproblem für Apple, weil sie ihn nicht einstellen können. Wenn sie das tun, ist das Signal eindeutig: wir möchten keine Poweruser mehr bedienen. Was würde das bedeuten? Nun; ohne echtes, allseits anerkanntes Topgerät wird schlagartig geprüft werden, wie leistungsfähig eigentlich ein Mac mini oder ein iMac im professionellen Umfeld ist. Mobilprozessoren in Desktop-Geräten! Mercedes ohne S-Klasse? Ferrari ohne Formel 1? Das belegt nicht die technische Leistungsfähigkeit von Apple.

Apple verliert mich also bereits seit einigen Jahren auf der Hardwareseite.

Wenn ich ein MacBook Pro so konfiguriere, dass es ein paar Jahre „hält“ komme ich locker über 3.000 Euro. Für das gleiche Geld bekomme ich bei anderen Anbietern heute Mobilgeräte mit Festplatten-Raids aus SSDs oder hardwarekalibrierbaren Bildschirmen, die nahezu AdobeRGB abbilden. Vollwertige HDMI-Anschlüsse, für die ich keine Apple-Adapter kaufen muss. BluRay-Brenner – ich will nicht alles in die Cloud sichern, nein. Die Geräte sind zwar nicht so sexy; aber … hm … Apple? Technologieführerschaft ist anders!

Mit den neuen iMacs vom Herbst 2012 wird dieses einfallslose „Design vor Nutzen“-Gebaren auf die Spitze getrieben: ein Desktop-Rechner, der – ohne Not – so dünn designt werden muss, dass das RAM fest auf dem Mainboard verlötet wird, weil kein Raum für Steckplätze da ist? Apple, werden diese Schmerzen nicht langsam unerträglich?

Was werde ich tun?

Im Herbst 2013 steht bei mir wieder ein Rechnerwechsel an. Ich nutze das vor mir liegende Jahr, um intensiv zu beobachten, was Apple im Bereich Hardware und „Cloud“ tut. Insbesondere schaue ich mir aber an, welche neuen Bedienkonzepte und Geräteklassen Windows 8 hervorbringen wird.

Eins kann ich Apple direkt ankündigen: Wenn der Tim-Cook-MacPro bei den Anschluss- und Erweiterungsmöglichkeiten patzt, werde ich zu Windows wechseln. Denn dort darf ich noch PowerUser sein. Und ich will Herr meiner Daten bleiben. Anders formuliert:

Ich fühle mich als professioneller Anwender nicht mehr gut bei Apple aufgehoben.