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Rezension HTML5 Handbuch (Franzis)

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HTML5 Handbuch –
die Webgrammatik für das Internet der Zukunft

Über brandharder.de wurde ich kürzlich auf das Webangebot von bloggdeinbuch.de aufmerksam gemacht: hier werden Bücher aus vielen Themenbereichen von verschiedenen Verlagen zur Rezension angeboten. Um die Teilnahme bewerben kann und darf sich, wer einen „aktiven“ Blog betreibt und innerhalb eines Monats eine Rezension des kostenfrei gelieferten Buches auf seinem Blog ausliefert.

Diese Idee fand ich so interessant, dass ich mir angeschaut habe, ob da ein für mich interessantes Werk dabei ist. Und, siehe da; mein „Lieblings-Zukunftsthema“ HTML5 ist mit einem schwergewichtigen Band von nachgerade biblischen Ausmaßen vertreten. Erfreulicherweise stammt es auch noch aus der Feder von Stefan Münz, dem Mann, der im letzten Jahrtausend schon SelfHTML kostenfrei online bereitgestellt hat, als die meisten von uns Webseitenerstellern noch im Urschlamm des Webs als blinde Einzeller umherzuckten. Ich habe jedenfalls im Jahr 1996 mit der Erstellung von Webseiten begonnen – und da war SelfHTML schon da!

Auf fast 750 Seiten liefern Stefan Münz und sein Co-Autor Clemens Gull ein unfassbar sauber aufgebautes und perfekt auf den Punkt gebrachtes Werk ab, das mir schon wegen seiner technischen Brillanz Tränen der Freude in den Augen schießen lässt, denn ich finde hier:

  • Stets relevante und auf den Punkt gebrachte Informationen über HTML5
  • Eine saubere Abgrenzung von HTML5 gegenüber HTML 4 und XHTML
  • Schlüssige, schnell nachvollziehbare Beispiele mit hohem Erkenntnis- und Praxiswert
  • Stete Konzentration auf HTML5 ohne Abschweifungen – wo (stets sinnvolle) Randthematiken beleuchtet werden, wird rechtzeitig abgebrochen und auf andere Informationsanbieter verwiesen, bevor der Fokus verloren geht
  • Viele Hintergrundinfos, warum HTML5 (oder andere tangierte Themen wie DOM, XML oder Javascript) bestimmte Lösungswege beschreiten – was sicherlich für viele „Späteinsteiger“ interessante Infos liefert, warum etliche Webseiten technisch so merkwürdig aufgebaut sind und – last but not least:
  • Nahezu keine orthographischen oder grammatikalischen Fehler im Buch! Heutzutage kann ich nicht genug betonen, wie wichtig das als Leser für mich ist – denn in immer mehr Büchern vermisse ich ein professionelles Lektorat!

Auch der Umfang der auf diese Weise abgearbeiteten Thematiken ist beispiellos:

Es finden sich einführende, strukturierende und vertiefende Infos zu HTML und zum sinnvollen, zielgerichteten Dokumentaufbau. Von Kopfdaten über Tabellen bis hin zu Scripting und CSS werden zahllose Beispiele und wertvolle Informationen geliefert. Stets mit dem Ziel, den Leser in die Lage zu versetzen, ein technisch einwandfreies – und damit auch in vielen Belangen Suchmaschinen-freundliches – HTML-Dokument zu erzeugen. Dabei gibt es – auch für „alte Hasen“ wie mich – auf jeder Seite etwas zu lernen. Mal ist es eine in einem Nebensatz versteckte Information; dann wieder ein Beispiel, das ein <tag> erläutert, das sich mir noch nie erschlossen hat. Stets werden Verknüpfungen mit anderen Themen aufgezeigt, die immer wieder ein freudiges „Ahhhh!“-Gefühl auslösen. Der „reinen Lehre“ werden zuverlässig arbeitende Lösungen an die Seite gestellt. Hier ist nichts verkünstelt, verbissen oder weltfremd. Kurz:

Ich habe in diesem Werk nichts gefunden, worauf ich verzichten möchte.

Bei all dem strahlenden Licht – aus vielen Blickwinkeln – bleibt nur wenig Raum für Schatten. Dieses Buch hat meinen „Nerv“ auf sehr vielen Ebenen getroffen und lässt mich mit äußerst positiven Gefühlen zurück. Ich versuche es dennoch und mäkle über drei Punkte – mit einem Augenzwinkern:

  1. Einleitend weisen die Autoren darauf hin, dass das Werk nicht zwangsläufig linear abgearbeitet werden müsse. Das mag im Kern stimmen; aber dann entgehen dem Leser eben viele der Punkte, über die man schon immer hinweggelesen hat – bei diesem Buch wäre das ein fahrlässiges Vorgehen; denn hier bekommt man unendlich viele Informationen knapp, eingängig und leicht erfassbar präsentiert. Mein Tipp also: nicht von den 750 Seiten schrecken lassen und einfach drauflos lesen. Es lohnt sich! Auch, weil HTML5 bewusst viele Dinge wieder erlaubt, die mit HTML 4 unerwünscht oder gar verboten waren …
  2. Was natürlich niemals funktionieren kann, gilt auch für dieses Buch – und logischerweise insbesondere beim Thema „HTML5“: die Aktualität der Browserhinweise „endet“ vor den tagesaktuellen Versionen. Daher sollte stets ein Rechner in der Nähe sein, damit man sich aktiv mit den Beispielen in den relevanten Browserversionen auseinandersetzen kann. Eine rein „konsumierende“ Lesehaltung ist bei diesem Werk ohnehin nicht angeraten. Ich unterstelle aber, dass die Zielgruppe sich – beim vorliegenden Thema – stets dicht am Rechner befindet und wissen will, ob das, „was der Münz da schreibt“, denn auch stimmt. Ich habe jedenfalls fleißig mit den Beispielen experimentiert und mir auf diesem Weg ein gutes Gefühl für den Umgang mit HTML5 in aktuellen Browsern erarbeitet.
  3. Die größte – echte! – Lücke im Werk bildet meines Erachtens aber der Index: er umfasst zwar 20 Seiten – ist aber der einzige Bereich im Buch, an der man wirklich mit der „IT-Denke“ vertraut sein muss, die einem sonst glücklicherweise im Inhalt kaum begegnet. Man muss schon genau wissen, wonach man sucht … ein Attribut, ein Tag, ein technisches Stichwort. Hier hätte ich mir, ergänzend zum rein technischen Index, einen zusätzlichen Schlüssel gewünscht, der dem Leser den Inhalt des Werks über „normalsprachliche“ Anforderungsprofile öffnet. Bei einer konkreten Suche nach einer Problemlösung würde das den Nutzwert ins Unermessliche steigern. Beispiel: die Suche nach „Bild“ (zur Platzierung eines solchen in einem HTML-Dokument) im Index führt ins Nichts. Ausweichen auf <img> ebenfalls. Man muss nach „Pixelgrafik“ suchen, um die Infos zu finden …

Dankenswerterweise ist der Volltext des Buches – und damit auch die Beispielcodes – im Netz abrufbar … auch hier zeigen Münz/Gull abermals, dass geteiltes Wissen aktuelles Wissen ist. Chapeau!

Wer, wie ich, zum autonomen Ausbau von Bildung Zellstoffprodukte zur Unterstützung der eigenen Gedanken braucht und eigentlich im Print-Bereich zuhause ist, kann über einen Seitenpreis von 5 Cent nur staunen. Jeder, der auch nur ansatzweise in Kontakt mit HTML5 kommen kann, sollte die 35 Euro ohne Zögern in die Hand nehmen. Selten war Geld so gut angelegt wie in diesem Fall. Und dann kann man Kommentare reinschreiben, Eselsohren fabrizieren, Textmarker leeren und endlose Mengen Post-Its einkleben …

An wen richtet sich das Buch?
Wer sollte es lesen – und wer besser die Finger davon lassen?

Ich glaube, dass das Buch für den Ersteinsteiger in HTML zu heftig, zu komprimiert, zu umfangreich sein wird – die vielen Bezüge und „Nebenkriegsschauplätze“ bewirken hier vermutlich mehr Verwirrung als Hilfe. Für „Umsteiger“ wie mich, die sich aus der HTML-Ursuppe entwickelt haben, die HTML 4 wegen seiner Inkonsequenzen verachteten und sich mit striktem XHTML quälten, ist es Balsam für die Seele. Wer wissen möchte, wo sich HTML künftig hin entwickelt und Gewissheiten braucht – hier findet er sie. Egal, ob er Webentwickler, Projektmanager oder Auftraggeber ist. Hier ist sie, die belastbare Referenz aus berufenem Mund. Die Antwort auf alle Fragen rund um HTML5. 

Abschließendes Fazit: Ich wäre auch gerne in der Lage, ein derart schlüssiges, kurzweiliges und relevantes Werk abzuliefern! Herzlichen Dank, Stefan Münz und Clemens Gull!

Eckdaten zum Buch:

HTML5 Handbuch — Die Webgrammatik für das Internet der Zukunft
Stefan Münz, Clemens Gull
743 Seiten
Softcover
Franzis Verlag
ISBN 978-3-645-60079-8
Preis: 35 €  (als eBook 10 € günstiger)

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Kleiner Nachtrag mit Dingen, die mich besonders in diesem Buch begeistert haben:

  • DOM knapp und verständlich erklärt – für mich jedenfalls  (S. 24)
  • Parallelität, Aufgaben und Zusammenspiel von WhatWG und W3C (S. 39)
  • HTML5 führt neue interne Strukturierungselemente ein, die sicherlich schnell Suchmaschinen-relevant werden: <header>, <section>, <footer>, <nav>, <aside>
  • „Kleine“ <canvas>-Funktionsbibliothek mit SVG-analogen Bezeichnern (S. 193ff)
  • HTML5 beinhaltet Funktionalität, welche die Plausibilität von <form>-Eingaben des Users prüft – ohne Javascript, ohne serverseitige Prüfung – als neuer, dritter Weg (S. 231ff).
  • Im Werk wird PHP anhand eines „kleinen“ Form-Mailers erklärt (S. 280ff).
  • Javascript und seine historischen Eigenheiten werden nachvollziehbar und kundig erläutert (S. 335ff).
  • Alleine die vielen Infos über CSS sind Gold wert (S. 391ff)!